Home
Rückblick Hinrunde > „Wer sich ausruht, wird bestraft!“

Rückblick Hinrunde > „Wer sich ausruht, wird bestraft!“

15 von 30 Spielen sind gespielt, 6 Siege bejubelt, 8 Niederlagen verdaut und ein Unentschieden denkbar hart erkämpft. Mit 13:17 Punkten haben wir (punktgleich mit dem TV Großwallstadt und dem SV 08 Auerbach) aktuell den 10 Tabellenplatz inne und damit einen guten Puffer zum ersten Abstiegsplatz (TV Kirchzell, 9:21). Zumindest lässt es sich von hier aus ganz angenehm überwintern. Doch nach der Pause geht der Kampf auf Messers Schneide direkt weiter.

Wir haben mit Christian Schade die bisherige Spielzeit noch einmal Revue passieren lassen, werfen einen Blick in das „gemischte“ Team und wagen auch einen Blick in die Rückrunde.

 

Bevor wir uns der einzelnen Spielen und Zahlen annehmen, widmen wir uns erst einmal den Menschen, die im Trikot stecken und sich jeden Tag und jede Woche der Aufgabe stellen. Jeder für sich und gemeinsam für das große Ganze. Dafür entstand im Sommer eine bunte Mischung aus „solider Erfahrung“ und „jugendlicher Frische“. Nun fast fünf Monate später, wie fühlt sich das an?

„Die Mischung im Team ist gut. Die Jungs haben sich schnell eingelebt und hatten keine Anpassungsprobleme. Ich finde aber auch, dass wir eine Mannschaft sind - in diesem Fall von den Erfahrenen ausgehend - die es neuen Spielern leicht macht, sich in das Team zu integrieren. Da gab es noch nie Probleme. Auch ich als Kapitän brauche mich da gar nicht einzubringen, das haben die Jungs selbst super gemacht. Ein deutlicher Unterschied liegt bei uns allerdings in Sachen Humor. Während wir Älteren über die Filme von Bud Spencer und Terence Hill lachen, finden die Jüngeren eher so etwas wie Yoko und Klaas lustig. Das ist eine Generationsgeschichte, aber natürlich nicht unbedingt schlecht. Das macht die Mischung ja auch aus.“

Wenn das Fernsehprogramm den größten Faktor der Heterogenität ausmacht, braucht man sich über mangelnde Harmonie im roten Rudel keine Sorgen zu machen. Zumindest solange der Ball mit der Hand und nicht etwa mit dem Fuß befördert wird. Denn hier wird der „Konflikt“ niemals an Bedeutung verlieren. Das fällt auch dem Routinier gerade noch ein und er ergänzt: „Das allerwichtigste ist sowieso, egal wie es läuft, das Alt gegen Jung beim Fußball immer gewinnt. Solange das sichergestellt ist, ist alles andere uninteressant.“

 

Die Laune ist also bestens. Doch trotz Bestnoten im internen Gefüge stand die Saison von Beginn an unter einem recht wackeligen Stern.

„An dieser Stelle möchte ich einen großen Dank aussprechen, An die, die dafür gesorgt haben, dass es überhaupt noch Drittliga-Handball in Baunatal gibt. Da ist in erster Linie Claus Umbach zu nennen, der als erstes die Initiative ergriffen und alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, dass wir diese Saison überhaupt wieder spielfähig sind. Der Gelder und Sponsoren akquiriert, viele Gespräche geführt und auch Ralf Horstmann und Dominik Schwietzke wieder ins Boot geholt hat. Die beiden wiederum haben sich sehr engagiert um den Kader gekümmert. Die drei haben große Arbeit geleistet und die Grundvoraussetzungen geschaffen, dass man wirklich eine schlagfertige Drittligamannschaft auf die Beine stellen konnte. Auch zum Wohle der Eintracht und des Leistungshandballs in Baunatal. Man muss auch bedenken, wie wenig Zeit nach der ganzen Insolvenzgeschichte zur Verfügung stand. Zwischen dem Ende der letzten Saison und bis hier überhaupt mal jemand wusste ob und wie es weiter geht. Ich gehe nun auch in mein achtes Jahr und bin total glücklich damit, wie es gekommen ist. Denn wir haben einfach so viel Arbeit und Enthusiasmus in das Projekt Eintracht Baunatal gesteckt und es sind auch noch einige aus der ersten Stunde dabei. Ich bin wirklich froh, dass das letztes Jahr nicht zu Ende ging und hoffentlich auch in ferner Zukunft noch weiter gehen wird. Und dass es für junge und jugendliche Spieler immer noch die Möglichkeit gibt, das Flaggschiff erste Mannschaft in der dritten Liga zu sehen. Außerdem auch, mit uns als Sprungbrett, im Handball Fuß zu fassen. Und natürlich dass wir die Nummer zwei in Nordhessens bleiben.“

 

Mit entsprechend mulmigem Gefühl begann dann auch die Vorbereitung.

„Natürlich hatte ich im Vorhinein an die Saison etwas andere Erwartungen, da wir wieder unglaubliches Verletzungspech hatten. Wie viele Spieler wieder gehandicapt waren, ob in der Vorbereitung, zu Beginn der Saison oder während der Hinrunde. Ich muss doch gerade mal überlegen, ob wir bisher überhaupt mal einen kompletten Kader hatten. Das klingt jetzt nach Ausrede, aber es ist schon so, dass diese Mannschaft vom Kollektiv lebt. Wenn da dann gleich zwei oder drei Rädchen wegbrechen, haben wir eben ein Problem.

Dazu kam durch unsere vielen jungen Spieler auch noch die Eingewöhnungszeit. Das wussten wir natürlich vorher, nicht aber, dass die in einigen Fällen dann direkt in die Pflicht genommen werden mussten, weil einfach der Bedarf da war. Da wurden sie eben ins kalte Wasser geworfen. Was allerdings den einzelnen Spielern in der eigenen Entwicklung sehr gut getan hat. Wenn man sich beispielsweise Niklas Plümacher ansieht. Wenn er in die Bresche springen und sein Zeug bringen musste, hat er das mit entsprechender Leistung zurückgezahlt. Er hat auch dadurch wirklich einen enormen Schritt in der Abwehr gemacht, hilft uns dort im Mittelblock und setzt auch im Angriff immer wieder Akzente. Des weiteren Justin Brand, sein großes Potential konnten wir bereits in der Vorbereitung sehen. Er bekam natürlich durch Dennis Ausfall noch mehr Verantwortung und hat diese Aufgabe ebenfalls angenommen und erfüllt. Oder dann macht auf einmal ein Daniel Horn zwei Bombenspiele. So hat die Verletztenmisere doch fast auch eine positive Seite. Nichtsdestotrotz bin ich fest davon überzeugt, dass wir mit komplettem Kader mehr Punkte auf dem Konto hätten.“

 

Über Langeweile konnten sich unsere Anhänger in der bisherigen Spielzeit mit Sicherheit nicht beklagen. Und das eine oder andere Spiel bleibt einem doch noch ein paar Tage länger im Sinn als bis zum Abpfiff.

„Mit ist Bad Blankenburg in Erinnerung geblieben. Dieser Spielverlauf. Wir verlieren unglücklich in einer Phase, in der es nicht so gut läuft. Und ich bin heute fest davon überzeugt, dass wir dieses Spiel in der Phase, in der wir uns jetzt befinden, gewonnen hätten. Dieser Nackenschlag hat uns auch wieder an das Zweitligajahr erinnert. Dort hatten wir auch immer wieder, speziell zu Hause, Situationen, in welchen wir nah dran waren, aber am Ende nicht zugreifenkonnten. Das war am Anfang schon etwas schwierig. Zusammen mit der Verletztensituation. Zu wissen, eigentlich sind wir dran, aber es reicht dann am Ende doch nicht, um belohnt zu werden.

In Halle ist uns das dann gelungen. In einem Spiel, das wir wirklich über große Teile einfach schlecht gespielt haben. Aber durch unseren kämpferischen Einsatz und unseren Willen haben wir es dennoch geschafft, ein Spiel zu drehen, das eigentlich nach 45 Minuten mit sieben hinten längst verloren war. Das war die Initialzündung. In diesem Moment hat die Mannschaft gemerkt: „Wir können es doch!“. Genau das haben wir einfach gebraucht.

Und frisch ist natürlich noch, nach dem Sieg gegen Kirchzell, der Sieg in Auerbach. Wo wir von der ersten Minute an die bessere Mannschaft waren und meiner Ansicht nach vielleicht sogar unser bestes Saisonspiel bisher gemacht haben, bei einer unglaublich heimstarken Mannschaft. Ich denke man wird auch am Ende der Saison sehen, dass da nicht viele Mannschaften gewonnen haben. Das war für mich der entscheidende Punkt der Hinrunde, als wir gezeigt haben, zu was wir im Stande sind. Trotz der Verletzungsprobleme. Die Mannschaft hat, schon nach Kirchzell, aber speziell dann nach Auerbach, unglaublich Selbstvertrauen getankt. Und gerade deswegen haben wir auch selbst in Leipzig, die von den letzten sechs Spielen fünf gewonnen haben, gepunktet. Das gibt Mut für die Rückrunde!“

 

Also alles schon bereit zum Rückschlag?

„Nein. Natürlich ist noch Luft nach oben, die ist immer. Wir können immer noch daran arbeiten schneller zu spielen und technische Fehler zu vermeiden. Wobei wir das im Vergleich zum Anfang der Saison schon unglaublich reduziert haben. Da sind teilweise schon Welten dazwischen. Ja, wir müssen dennoch einfach immer weiter arbeiten und unser Spiel weiter entwickeln. Immer aggressiver in der Deckung zu agieren, wobei wir auch hier einen Fortschritt im Vergleich zum Anfang gemacht haben. Doch da geht noch mehr, ob gegen den Rückraum oder den Kreisläufer. Und wir können uns auch noch schneller bewegen. In diesen Bereichen gibt es gar keinen Grund, mit irgendetwas zufrieden sein. Wer sich darauf ausruft, was wir bereits an Fortschritten gemacht haben, wird bestraft. Die anderen Mannschaften werden auch nicht schlafen, sie entwickeln sich genauso weiter. Deshalb geht es nach Hüttenberg auch wieder von vorne los und dann wird auch wieder von vorne angetreten.“

 

Auf der Platte steht demnach der Plan. Und welche Rolle spielt der achte Mann auf der Tribüne?

„Ich möchte diese Worte ausdrücklich an die Fans richten, die uns immer die Stange gehalten haben und wirklich bei jedem Heimspiel in der Halle sind. An die kann ich einfach nur einen großen Dank aussprechen. Das ist genau das, was man bei einem solchen Verein braucht. In guten wie in schlechten Zeiten. Ich glaube, wir Spieler haben da ein gutes Gespür und schon registriert, welche Zuschauer immer da sind, welche nur zu bestimmten Anlässen und welche nicht. Genau auf diese fokussiere ich mich. Die, die uns immer die Daumen drücken, egal was in der Halle passiert, weil sie einfach diesen Verein lieben und uns vielleicht auch ganz gerne Handball spielen sehen.

Andererseits würde ich mir in der dritten Liga schon ein paar mehr Zuschauer wünschen. Wir versuchen, das durch Leistung hin zu bekommen. Das ist das Mittel das wir haben. In Nordhessen ist nunmal alles nicht so einfach. Es gibt andere Regionen, wo die Menschen etwas … naja, vielleicht enthusiastischer sind. Wir sehen ja auch was in fremden Hallen los ist und was teilweise bei uns los ist. Ich spreche für alle Spieler wenn ich sage, dass wir uns schon etwas mehr Stimmung in der Halle wünschen würden. Die die da sind versuchen ja schon alles, aber mal wieder 600 oder 800 Zuschauer, das wäre was.“

 

Betankt mit Selbstvertrauen und dem Wissen um die eigenen Fähigkeiten geht es dann also ganz entspannt und frohen Mutes in die Rückrunde?

„Nein! Trotz aller Euphorie, auch über die jetzt eingefahrenen Punkte, darf man natürlich nicht vergessen, wo wir noch vor vier Wochen waren. Da waren wir mitten im Abstiegskampf und wir können uns auch jetzt noch nicht davon frei sprechen. Wir haben uns da etwas Luft verschafft, sind allerdings nach wie vor mitten drin, da es einfach so viele Mannschaften betrifft. Selbst wenn man von den beiden absieht, die bereits etwas abgeschlagen sind, ist der dritte Abstiegsplatz immer noch hart umkämpft. Das sollten wir trotz allen Selbstvertauens immer im Hinterkopf behalten. Wir müssen uns schlicht immer wieder auf jedes Spiel voll konzentrieren, mit vollem Enthusiasmus dabei sein und dürfen auf keinen Fall eine solche Situation unterschätzen. Denn wenn man sich binnen Wochen aus einer solchen Situation heraus kegeln kann, kann man sich auch ebenso in kürzester Zeit dort wieder hinein kegeln.

Das Auftaktprogramm wird auch jetzt wieder nicht einfach werden. Es wird eine harte Rückrunde. Dennoch sehe ich als Captain die Entwicklung einiger und den Formanstieg anderer Spieler. Das ist deutlich zu erkennen, daraus schöpfen wir das positive und bauen darauf auf. Mit etwas Luft durch die letzen Punkte und mit frischen Waffen kommen wir nach der Pause gestärkt zurück. Hoffentlich diesmal ohne erneut vom Verletzungspech heimgesucht zu werden. Denn wo wir hinkommen müssen ist, dass die Mannschaft in der Breite stark wird.

Außerdem hängt auch wieder viel vom Start ab. Wir hatten wieder etwas Pech zu Beginn der Hinrunde. Aber immerhin konnten wir dann in Halle den Topf umstoßen. Des Weiteren haben wir in den letzten Wochen nicht nur Punkte geholt, sondern auch den Handball gespielt, den wir uns vorstellen. Denn handballerisch war das ein ganz anderes Kaliber als am Anfang. Darauf werden wir aufbauen, mit einer entsprechenden Vorbereitung zu Rückrunde und dann werden wir angreifen!“

[Text: PM GSV EB - Bild: Stefan Schmidt (publishartist.de)]